Montag, 10. Oktober 2016

Die Mittelalter Szene in den Medien

Gerade in den letzten zwei Wochen bin ich zufällig über gleich zwei Artikel von bekannten Zeitungen / Zeitschriften gestolpert zum Thema Mittelalter. Genau gesagt über Mittelalter als Hobby, Märkte, Reenacting etc. nicht das Geschichtliche Mittelalter und auch nicht die ininformierten Exkurse die gerne als Vergleich abgelassen werden um einen modernen Zustand als rückständig und mangelhaft zu deklarieren.

Es gab eine Zeit, da bin ich komisch angeschaut worden, mit lächerlichen Fragen gelöchtert worden, belächelt worden, wenn ich von meinem Hobby, 'Mittelalter' erzählt habe. Das war etwas sehr kurioses und der Gedanke sowas freiwillig zu machen, schien diesen Menschen damals sehr fremd und vielleicht geradezu krank. Aber das hat sich gewandelt. Die Leute sind zumindest aufgeschlossener geworden. Sie warten erst einmal ab, bis ich ein wenig erzählt habe und dann erkennt man schon eine gewisse morbide Faszination. Kein wirkliches Interesse das selbst mal auszuprobieren, aber zumindest genug Interesse um als informierte Schadenfreude durchzugehen. Jedem Tierchen sein Pläsierchen halt.

Also der erste Artikel im Spiegel Online war so mäßig. Warum muss gerade ein möchtegern Ritter aus Australien als Steckenpferd her halten? Ist ja schön und gut, dass es auch in Australien eine Szene gibt, aber wie kann ich das bitte mit den deutschen Märkten und Veranstaltungen in Beziehung setzen? Denn letztlich geht es nur darum dem Leser mitzuteilen, dass es sowas gibt, und dass rund 1000 Veranstaltungen pro Jahr in Deutschland stattfinden.
Allerdings, was mich beim ersten Lesen schon etwas geärgert hat, was aber objektiv betrachtet dennoch stimmt, dass die Mehrheit eben "Weltweit [...] Hunderttausende ihre Freizeit mit dem "Reenactment" von Vergangenheiten, die nie stattfanden (verbringen)." Hier kann man nun Wortklauberei betreiben, muss Reenactment wirklich jeden Handschlag nachempfinden, wirklich alles getreu bis ins Detail nachstellen? Und ist es nur Reenactment, wenn man es belegen kann? Also nicht, ob Material X für Gegentsand A benutzt wurde, oder dergleichen, nein, auch Sprache, Verhalten, Handlung, Gebärden, Gewohnheiten, Interaktion, ... Dinge, die eben nicht für jeden Menschen, der in den gut 1000 Jahren Mittelalter gelebt hat, ausreichend dokumentiert sind. Hat sich der Bauer Peter nun mit der rechten oder linken Hand am aller Wertesten gekratz? Oder pflegte er seinen Popel wegzuschnippen oder zu essen? Was, über sowas redet man nicht?! Komisch dass sowas dann nicht überliefert ist... /ironie

Der zweite Artikel ist nur drei Tage später bei Welt.de veröffentlicht worden. Zugegeben, diesen nicht als Satire zu erkennen würde selbst für Sheldon Cooper schwer werden, aber ich bin schon eniges gewohnt, deswegen erwähne ich es noch mal sicherheitshalber. Die Gewohnheiten von Beschickern (fahrende Gastronomiekleinbetriebe auf Märkten), ihren Kreationen möglichst exotische Namen zu geben, wird hier beispielhaft herausgepickt und natürlich gnadenlos übertrieben. Ein kleiner Seitenhieb gen China und der EU rundet das ganze ab. Also, ja, Essen auf Mittelaltermärkten hat lustige Namen. Da gibt es nicht einfach ein Steak mit Pommes, das ist dann Einhornsteak mit - verdammt, wie hießen die nochmal? Ich schenke sowas nur selten Beachtung, ehrlich gesagt. Und nicht einfach nur Gulaschsuppe, sondern Wolperdinger-Gulasch. Wolperdinger sind mythische Kreaturen, die bei ausreichender Anzahl und Domestizierungsgrad alle anderen Nutztiere überflüssig machen würde (Fleisch, Eier, Milch, Wolle... Wahrscheinlich demnächst noch Knochen aus Kunststoff, die man dann weiterverarbeiten könnte...).

Ansonsten hat eine oberflächliche Internetsuche zum Thema nur Berichte oder Ankündigungen von einzelnen Märkten hergegeben. Und gelegentlich Berichte über Stadtführungen zur lokalen mittelalterlichen Geschichte in zum Teil haarsträubenden Kostümen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Stand der Dinge gut heiße oder nicht.


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