Mittwoch, 24. Juli 2019

Lagerresümee: 1. Rietberger Mittelalterspektakulum 2019

Am vergangenen Wochenende (19. - 21.07.2019) fand das 1. Rietberger Mittelalterspektakulum statt. Wie der Name vermuten lässt, in Rietberg. Ich hatte noch nie von dieser Stadt gehört zuvor, also hatte ich es, nachdem ich ein Inserat auf Facebook bezüglich noch offener Lager- und Händlerplätze an einem meiner freien Termine gesehen hatte, erstmal per Google Maps nachgeschaut, wo das überhaupt ist. Das Städtchen liegt etwa auf halber Höhe zwischen Bielefeld und Paderborn, 185 km von mir (Niederkassel, zwischen Köln und Bonn) entfernt. Das ist ja nicht die Welt, dachte ich mir, knapp 2h Fahrzeit. Und ich bin sowohl auf dem Hin- als auch dem Rückweg ohne Stau durch gekommen, trotz gefühlt 30 Baustellen.

Die Veranstaltung fand IM Landesgartenschaupark statt. Mir war bis dahin nicht klar, dass die Landesgartenschau auch in kleineren Städten stattgefunden hat, aber hey... Die Anlage ist auf jedenfall ganz hübsch und hat insbesondere für Familien mit Kindern viel zu bieten. Spielplätze, Rutschentürme, einen Wasserspielplatz und unglaublich viele große Legosteine. Also schon riesige Legosteine (die 8er Steine waren ca. 30cm lang und 7cm hoch). Und die Kinder haben damit in einem Tempo gebaut... da wurden ganze Städte gebaut und wieder eingerissen und neu gebaut keinen Meter entfernt. Oder eben 20 Meter weiter und dann wurden die Steine in einem Tempo darüber geschafft, das hatte was von Ameisen. Ich hatte einen perfekten Blick auf dieses Treiben, da mein Lagerplatz quasi ganz außen, vom eigentlichen Geschehen abgewandt lag.

Mein Lagerplatz war sowieso etwas... schwierig. Man muss sagen, der Boden im Landesgartenschaupark ist perfekt. Er ist eben, das Gras ist schön weich, saftig und grün, vielleicht etwas lang, würden einige sagen, aber bei denen ist der Rasen eh immer auf 35mm getrimmt und mehr tot als lebendig. Es war eine Wonne über diese Wiese barfuß zu laufen. Davon abgesehen, war bei meiner Ankunft erstmal niemand da, der mir meinen Platz zuweisen konnte. Vorab hieß es, man solle sein "[Heer-]Lager bitte nur in der für Sie gekennzeichneten Fläche auf[bauen], die Sie vom Einweiser gezeigt bekommen." und das Freitagmorgen, 10 Uhr. Wer danach kommt, kann wieder gehen... Ich bin also morgens hier losgeflogen. Mein Wecker hat mich nach nur einer Stunde um fünf schon wieder aus meinen Träumen gerissen. Ich habe das Auto fertig bepackt und bin deutlich später losgekommen hier, als ich geplant hatte. Aber das ist ja Standard. Jedenfalls war ich um 9:50 Uhr am Ort. Naja, genau genommen war ich um 9:50 Uhr an der Adresse, die auf dem Vertrag stand, und hab den Eingang zum Park nicht gefunden. Ich stand erstmal bei einem Anwohner vorm Haus und habe dumm gefragt. Die Zufahrt war kein Stück ausgeschildert. Auch als ich dann innerhalb des Geländes war, bin ich erstmal falsch gefahren, weil auch dort keinerlei Schilder oder hilfreiche Menschen, die mir hätten Auskunft geben können waren. Für Ortskundige und Leute, die schon mal da waren, mag das da alles klar gewesen sein, aber für Menschen vom anderen Ende von NRW war das ein Labyrinth. 
Dann habe ich endlich die anderen Zelte und Stände gefunden. Es war wirklich überschaubar. Und ob der Uhrzeit war ich etwas skeptisch, denn theoretisch wäre dass dann alles gewesen - eigentlich hätte alles was noch kommt abgewiesen werden müssen laut Vertrag. Ich ließ dann also den Blick schweifen nach einem Einweiser, oder wenigstens jemand, der irgendwas wusste. Letztlich wendete ich mich an einen netten Herrn, der noch an der Kulisse für die Pferdeshow arbeitete. Natürlich konnte er mir mit meinem Platz nicht direkt helfen, aber immerhin konnte er jemanden kontaktieren, der darüber bescheid wusste. "Hinter dem 'Hau den Lukas' ist die 6x10m Fläche eingezeichnet". Ich also da rüber. Den 'Hau den Lukas' konnte man wirklich nicht übersehen. Direkt daneben, quasi ebenfalls in meinem Rücken eine Bogenbahn. Herzlichen Glückwunsch! Die wollte ich nicht unbedingt im Kreuz haben. Also erstmal das Zelt hinter dem Lukas aufgebaut und dann zähneknirschend das Sonnensegel angefangen hinter der Bogenbahn aufzubauen. Spoiler: Ich habe das Sonnensegel insgesamt 3x aufgebaut an diesem Wochnende. Ich weiß inzwischen, wie es alleine geht und wie man es direkt hinbekommt.
Die Betreiber der Bogenbahn äußerten ebenfalls Bedenken über diese Konstellation. Ich konnte natürlich nur auf die Markierungen auf dem Boden verweisen, die ungefähr 6x10m entsprachen, aber sonst keinerlei weitere Informationen beinhalteten (sowas wie ne Nummer oder Name wäre z.B. hilfreich gewesen). Die beiden Jungs haben sich dann einen der Organisatoren herangeholt und ihn informiert, dass das so nicht im Sinne der Sicherheit sei. Kurzerhand wurden meine Standfläche quasi um 90° gedreht. Das Zelt blieb stehen, das Sonnensegel kam dann vor den Eingang des Zelts. So richtig glücklich war ich mit der Anordnung nicht. Die wenigsten trauen sich bei so einem Kompakten Aufbau noch ans Zelt heran, geschweige denn hinein. Wie gesagt, ich habe noch keine Absperrung gebraucht. Ich muss nicht eingezäunt wie im Zoo sitzen. Letztlich war ich auch das einzige Lager, das nicht eingezäunt war. Und als wäre das so geplant gewesen, war ich auch räumlich von den übrigen Lagern getrennt. 

Alle Lager waren in einer Reihe nebeneinander am Rand des Parks. Auf der rechten Seite wurde die Veranstaltung von der Turnierbahn begrenzt, an deren Ende nur ein einsames Sachsenzelt und eine weitere Bogenbahn zu finden waren. Auf der linken Seite gab es keinen sauberen Abschluss. Der Reihe Lager stand etwas versetzt der Aufbau der beiden Jungs vom 'Hau den Lukas' - ihr Schlafzelt, ein Axtwurfstand, die Bogenbahn und eben der Lukas. Rücklings vom Lukas stand ich dann, wie eine erste Reihe auf der linken Seite, theoretisch mit dem Blick nach 'innen' auf die zentral gelegene Taverne, bzw. deren 'Unterstand'. Parallel zu der Reihe Lagern und auf einer Linie mit dem Lukas, getrennt von diesem durch einen Gang, lagen noch ein sehr umfangreicher Tschechischer Holzstand, der unsagbar viele kleine Hocker dabei hatte und diverse Dekoholzartikel, die so ziemlich nichts mit Mittelalter zutun hatten und noch ein oder zwei andere Stände, wo ich gerade gar nicht weiß, was die verkauft haben. Diese Stände wurden wiederum von einem Gang vom 'Festzelt' - aka. dem Unterstand der Taverne getrennt. Dieser Unterstand ist schon kurios, sowas habe ich noch nicht gesehen. Mal von den Bierzeltgarnituren als Sitzgelegenheiten abgesehen, war das Dach, also Sonnensegel, aus LkW Plane, in gelb-blau, darauf natürlich obligatorisch die zwei Wimpel. Die Bauweise war massiv. Die Heringe warn schon jenseits von Erdnägeln, etwa einen halben Meter lang und fast 3cm im Durchmesser. Sehr vorbildlich waren darüber kleine gepolsterte Taschen gestülpt. Ob die wirklich viel abhalten oder nur der besseren Sichtbarkeit dienten, kann ich nicht sagen. Abgespannt war diese Konstruktion mit - haltet euch fest - Spanngurten. Ja, die richtigen, mit Ratschen und so. Ich sag's ja, massive Bauweise. Die Taverne selber war wie ein kleiner Holzturm aufgebaut. Eigentlich ganz hübsch. Ich habe schon deutlich unpassendere Aufmachungen gesehen. Auf selber Höhe stand noch ein elektrisch betriebenes Kinderkarussell. Das Angebot an Fressbuden war jetzt überschaubar. Baumstriezeln, die ich persönlich ziemlich teuer fand, Champignons und Kartoffelecken - das Angebot simpel halten und dafür die Menge liefern können. Einen Stand mit Würstchen, die merkwürdige Namen bekommen haben. ein Crêpes Stand, dann ein klitzekleiner Stand mit eingelegten Gurken - Milchsaure und Essiggurken - das Stück für 1,50€ o.O Holla die Waldfee. Dann wieder ein Gang und dann war da schon die abschließende Reihe auf der linken Seite. Wikingereis. ich lasse das mal so stehen. Eigentlich hätte ich das photographieren müssen. Ein großer Hänger auf Fachwerk gemacht, allerdings eher so mäßig - und dann oben ein Schild, das war ein Fotodruck von Holzplanken mit der Aufschrift Wikingereis auf einer Plane.... Ein Stand mit gebrannten Mandeln und Co. und dann die obligatorischen Heilstein- und Schmuckstände, sowie die Fantasie Harzgußfiguren, ihr wisst schon, Dracken, Schädel, Einhörner etc. und ein Likörstand, zu dem mich ein Gang trennte. 

Die Betreiber des Likörstandes schienen sehr nett. Als der Himmel sich verdunkelte und ein Gewitter sich anschickte sich über uns zusammen zu brauen, sah er mich, wie ich die Leinen meines Sonnensegels nachgezogen hatte - eigentlich unabhängig vom Gewitter, die haben sich immer wieder gelockert - bot er mir Sturmheringe an. Ich habe abgelehnt, da die elenden Holzheringe, so unpraktisch sie auch sonst waren, eigentlich ziemlich gut im Boden gehalten haben. Die meiste Zeit bekomme ich sie ja nicht mal - in einem Stück - wieder raus. Aber dann hat doch eine Böe mein Sonnensegel erfasst und mit einem Ruck war eine Schlaufe gerissen und drei Heringe aus dem Boden gerissen. Aber als hätte ich es geahnt, hatte ich den Tisch darunter schon halb abgeräumt und wie durch ein Wunder ist meinen übrigen Keramikgegenständen nichts passiert. Was ein Lager auf der anderen Seite des Gangs am Vortag leider nicht behaupten konnte. Denen ist ihr Sonnensegel gleich 2 oder vielleicht auch 3 Mal vom Wind zerlegt worden und unter dem Gestänge hat es ordentlich gekracht und gescheppert. Den netten Betreibern vom 'Hau den Lukas', der einen Bogenbahn und dem Axtwurfstand ist am Vortag sogar das Zelt zusammengefallen dank einer kräftigen Böe. 
Mit den anderen Lagern hatte ich nur marginal zutun. Ein kurzes Gespräch, als einige bei mir vorbeikamen, das war's auch schon. 

Dafür war ich zugegen, als sich die beiden Nachbarn hinter mir, mit den Lagernden ihnen gegenüber unterhielten. Da hatten sich wohl zwei Gruppen zusammen getan. Zumindest die eine der beiden Gruppen muss schon vorher bei der Vorläuferveranstaltung gewesen sein. Die haben einen sehr gemischten Eindruck gemacht. Einige schienen durchaus eine solide Ausrüstung zu haben, und dann standen da die afrikanischen Gebärstühle aka. Steckstühle rum. 

Der geneigte Leser mag da nun viel Kritik rauslesen. Aber ich möchte herausstellen, dass die Location und das Angebot der Veranstaltung mehr auf Familien mit Kindern ausgelegt gewesen schien. Dies ist keine museale oder auf Authentizität ausgelegte Veranstaltung - auch wenn ich eine solche Tendenz wahrscheinlich in den Vertrag reinlesen wollte. Es ist ein Mittelalterspektakulum. Der Name sagt es schon. Auch die Begleitgeschichte des Turniers, die Moderation war ein wenig 'reißerisch' um eben Kinder mitzureißen und zu begeistern, sie zu involvieren. Die Ausrüstung der Reiter und Pferde war, sagen wir, historisierend. Gerade genug, um das Ambiente zu unterstützen und auf gängige Klischees aufzubauen.  Unter diesem Gesichtspunkt fand ich das Karussell ehrlich gesagt etwas unpassend. Es gibt wirklich schöne handbetriebene oder zumindest gut verkleidete Varianten.
Das ganze hat wahrscheinlich noch etwas geschwächelt, da der Veranstalter gewechselt hat und erst einen Grundstock an Gruppen, Händlern, Ständen etc. für diesen Termin an dieser Location zusammen bekommen muss. Außerdem hat sich der Freitag nicht wirklich gelohnt. Nur wenige Veranstaltungen haben freitags schon Programm und das aus einem guten Grund! Die Leute arbeiten freitags meist und es kommen nicht wirklich genug  zusammen um den Plan zu füllen.

Ich habe nachträglich ein wenig über den Veranstalter recherchiert. Die scheinen einige Veranstaltungen zu organisieren, allerdings schienen die mir alle noch recht 'neu'. Und eben diesen Eindruck hat mir die ganze Organisation gemacht. Die Lagerbesprechung am Freitag war etwas holprig und sparsam. Ich bin ja gern so ein Kontrollfreak, der alle Informationen sofort und am liebsten schriftlich haben will, um nachher genau darauf verweisen  zu können... hat mir jetzt persönlich natürlich gefehlt, aber ich konnte zumindest die wichtigsten Informationen für mich rausziehen. Tatsächlich gab es vor Ort Menschen, die das nicht so konnten und sich diesbezüglich geäußert haben. Da musste ich allerdings eine Lanze für den Organisator brechen, da genau dieser Punkt in der Besprechung erwähnt wurde.
Insgesamt, denke ich aber, dass diese Veranstaltung unter dem Fokus einer Familienveranstaltung wirklich Potential hat. Und es wird zumindest Wert darauf gelegt, dass keine modernen Gegenstände, oder Müll in den Lagern zu sehen ist. Mehr kann man von solchen Veranstaltungen wahrscheinlich nicht erwarten.

Und mein Persönliches Hightlight waren die zwei Ziegen. Die sind wohl im Kofferraum ihrer Besitzer mitgefahren. Jedenfalls haben die äußerst gut gehört. Ich würde sagen, besser als die meisten Hunde, die viele mitnehmen. Die Ziegen wurden auch im Turnier eingebaut, als Scherz, ehe der erste Ritter in die Bahn eingeritten kam.

Ich brauche wirklich mal einen zweiten Tisch für Displays. Und noch einen, vielleicht etwas kleineren für im Zelt. Das ewige hin und her räumen im Zelt, nur weil ich an diese Kiste oder jene Korbtruhe muss, ist schon äußerst lästig. Mal sehen, wie oft ich das erwähne, bevor ich es endlich umsetze XD

Am ärgerlichsten fand ich allerdings, dass ich mich auch nicht von meiner besten Seite zeigen konnte. Nachdem mir das Sonnensegel zusammen gekracht war, musste ich eine Schlaufe wieder annähen und bin dabei fast eingepennt. Ich saß in meinem Zelt auf dem Boden mit dem Feldbett im Rücken und bin fast weggeknackt. Deswegen hat das Nähen auch echt lange gedauert. Insgesamt habe ich mich da schon ziemlich schlapp gefühlt, weswegen ich die Nachbarn gefragt hatte, ob sie mir beim Aufbau des Sonnensegels behilflich sein könnten.Es stand gerade so, da riss die nächste Schlaufe ab! Nun stand das Sonnensegel aber noch und ich musste vor Ort diese halbabgerissene Schlaufe wieder annähen. Dann fing es wieder an zu regnen. Ich hatte die Schlaufe so halbwegs angenäht mit einem Leinenzwirn, als der Zwirn so viel Feuchtigkeit aufgesogen hatte, dass ich ihn kaum noch durch das Segeltuch ziehen konnte. Ich habe es dann so belassen, und erstaunlicherweise hat es tatsächlich gehalten. 
Wie dem auch sei, war ich nachher arg am schwächeln. Ich bin glaube ich schon vor acht Uhr schlafen gegangen, weil ich so groggy war. Am Sonntag Morgen war ich dann völlig feddisch. Erkältet bis zum Anschlag, gegen Mittag war ich mir sicher, dass das wieder eine Nebenhöhlenentzündung ist. Mein Auge tat weh, meine Zähne taten weh, die Nase lief tatsächlich wie Wasser und ich hatte ernstlich Sorge, dass ich nicht ausreichend Taschentücher dabei haben könnte. Mir graute es wirklich vor dem Abbau. Im Laufe des Tages ging es dann so langsam. Einer der Nachbarn kam immer mal wieder und hat nach mir geschaut. Irgendwann meinte er, du siehst ja gar nicht gut aus. Und als ich meinte, es ginge mir aber schon wieder besser, da war er etwas verwundert ^_^; Wirklich fit war ich nicht bis zum Abbau und es hat dann auch wirklich lange gedauert, bis ich endlich fahren konnte, aber ich bin wie ein Terrier, ich beiß mich durch XD. Das Ausladen habe ich dann auf den Montag verschoben, denn ich war wirklich fix und alle, als ich im Dunklen Zuhause ankam.

Ob ich noch mal an dieser Veranstaltung Teil nehmen würde? Alleine wahrscheinlich nicht. Aber vielleicht mit befreundeten Gruppen, die nicht unbedingt auf Authentizität bestehen.

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